Öffentliche Bewegung

Innovation in Graz: Qigong im öffentlichen Raum. Das Angebot soll nun erweitert werden und findet Nachahmer in anderen Städten. Foto:Amt der Stadt Graz
Innovation in Graz: Qigong im öffentlichen Raum. Das Angebot soll nun erweitert werden und findet Nachahmer in anderen Städten. Foto:Amt der Stadt Graz

Die Stadt Graz fördert Qigong-Angebote auf öffentlichen Plätzen. Auch in anderen Städten zieht es Menschen zu asiatischen Bewegungs- und Mediationsangeboten in Parks. Qigong ist aber auch Medizin und Prävention.

Von Martin Rümmele

Was in vielen asiatischen Städten und auch in europäischen Metropolen längst gelebte Praxis ist, hält zunehmend auch in Österreichischen Städten Einzug: Qigong-, Taiji- und andere Bewegungsangebote in Parks oder auf öffentlichen Plätzen. In Graz werden solche Angebote erstmals auch öffentlich von der Stadtverwaltung finanziert.

            Begonnen hat die Initiative im vergangenen Dezember. Da startete - von manchen belächelt – ein frühmorgendlicher Gratis-Qigong-Kurs am Grazer Freiheitsplatz. Das positive Echo überzeugte den damaligen Gesundheitsstadtrat Wolfgang Riedler (SPÖ), der im April die Ausweitung auf fünf weitere Standorte vorstellte. Sein Nachfolger Karl-Heinz Herper (SPÖ) will das Konzept weiterführen. Die für alle offenen Übungen finden unter der professionellen Anleitung qualifizierter Qigong-Lehrerinnen und Lehrer statt. Beteiligt sind in der Zwischenzeit gleich mehrere Anbieter in Graz.


Alte Methode zur Gesundheitsvorsorge

Qigong ist eine über Jahrtausende gewachsene, aus China stammende Methode zur Pflege und Kultivierung von Körper und Geist. In der Geschichte hat diese Praxis als Gesundheitsvorsorge immer eine große Rolle gespielt, wurde aber auch für religiös-geistige Zwecke, insbesondere im Daoismus, Buddhismus und Konfuzianismus, eingesetzt und in den Klöstern überliefert. Die Bezeichnung Qigong findet jedoch erst seit den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts Verwendung, und die unterschiedlichen Stilarten des Qigong sind zum Teil ganz neue Entwicklungen, die auf den jahrtausendealten Traditionen basieren, erzählt Franz P. Redl, Qigong-Lehrer vom Wiener Taiji- und Qigong-Verein Shambhala. Redl ist auch Mitbegründer der Interessenvertretung der Qigong-, Taiji Quan- und Yi Quan Lehrenden Österreichs (IQTÖ), die nicht nur laufende Fortbildungen für die Lehrer und Lehrerinnen anbietet, sondern auch eigene Forschung betreibt. Über 100 Unterrichtende sind derzeit österreichweit im Dachverband organisiert. „Um einen hohen Qualitätsstandard zu sichern, sind die Mitglieder zu mehrjähriger Ausbildung und kontinuierlicher Fortbildung verpflichtet“, sagt Redl.

            Qigong selbst bedeutet, mit Hilfe von Übungen zunächst in einen Zustand von Entspannung und Ruhe zu kommen. Bei allen Übungen, die in Bewegung oder auch in Ruhe stattfinden können, spielen Körperhaltung, Atmung, Aufmerksamkeit und die Kraft der eigenen Vorstellung eine wesentliche Rolle. „Auf dieser Basis können ungleich verteilte Energien in Einklang gebracht und Abwehrkräfte stimuliert werden“, sagt Redl. Qigong kann auch als Ergänzungsmethode bei bestimmten Disharmoniemustern nach der Traditionellen Chinesischen Medizin unterstützend eingesetzt werden, wobei der Präventions- und Vorsorgegedanke im Vordergrund steht. Um das genauer zu untersuchen haben Redl und andere Lehrer und Lehrerinnen auch eine die Wirkung des medizinischen Qigong bei chronischen Erkrankungen analysiert. Das Projekt wurde vom Fonds Gesundes Österreich gefördert. „Die Ergebnisse bestätigen die Vermutung, dass Qigong sowohl vorbeugend positiv auf das gesundheitliche Befinden wirkt, als auch Verbesserungen von Beschwerden bei teilweise chronischen Erkrankungen hervorruft.“

 


Qigong zur Lebenspflege

„Qi“ (ausgesprochen wie „tschi“, nicht „ki“) steht in der chinesischen Philosophie und Medizin sowohl für die bewegende als auch für die vitale Kraft des Körpers, aber auch der gesamten Welt. In der chinesischen Sprache hat es die Bedeutung von Atem, Energie und Fluidum. Der Begriff umfasst viele Ausprägungsformen und Wirkungsweisen. „Gong“ als chinesischer Begriff bedeutet einerseits „Arbeit“, aber auch „Fähigkeit“ oder „Können“. Somit kann man Qigong übersetzen als „stete Arbeit am Qi“ oder auch als „Fähigkeit, Können, mit Qi umzugehen, es zu nutzen“. Die Praxis des Qigong soll die Lebensenergie stärken, das Leben verlängern und zu einer gesunden geistigen Verfassung verhelfen.

            Nach der sogenannten Kulturrevolution im kommunistischen China, während der alle Traditionen verpönt waren und verfolgt wurden, erlebt Qigong langsam eine Renaissance. Sie wird nun auch wieder als Schatz der chinesischen Kultur betrachtet und es gibt Bemühungen, die Wirksamkeit wissenschaftlich zu erforschen. Viele neue Systeme, vor allem im therapeutischen Bereich, wurden entwickelt, andere, angeblich sehr alte, tauchten auf und fanden Verbreitung.

            Daoyin Yangsheng Gong (auch: Qigong Yangsheng) als Methode der Gesunderhaltung und der Lebensfreude ist eine der Ebenen auf der heute Qigong im Westen weite Verbreitung gefunden hat. Der Begriff Yangsheng lässt sich im antiken China bis ins Jahr 184 v. Chr. zurückführen, wo auf 113 Bambustäfelchen Übungen beschrieben wurden, die Anleitungen zum Leiten und Dehnen (daoyin) und der Lebenspflege (yangsheng) beinhalten. Das System ist eine bedeutende Richtung innerhalb des bewegten Qigong und basiert auf traditionellen Übungen mit dem Ziel den Körper zu dehnen und Leitbahnen durchlässig zu machen. „Lebenspflege wurde im traditionellen China immer sehr ganzheitlich betrachtet und nimmt auf viele Faktoren des Alltags Rücksicht: genug Bewegung, gesunde Ernährung, ein entsprechender Lebensstil angepasst an das Alter und die Jahreszeiten, geistige Ruhe und vieles mehr“, schildert der Qigong-Lehrer und Buchautor Franz P. Redl. Es ging immer darum die Lebenskraft, das Qi zu nähren.

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0