Wohlbefinden und Tränen

Energetiker versuchen mehr Licht in ihre Ausbildungsangebote und die Qualität der Leistungen zu bringen. Foto:www.photoXpress.com/frankoppermann
Energetiker versuchen mehr Licht in ihre Ausbildungsangebote und die Qualität der Leistungen zu bringen. Foto:www.photoXpress.com/frankoppermann

Sie lässt sich fühlen und erleben, manche können sie angeblich sogar sehen. Aber in Worte fassen lässt sie sich nur schwer: die Energie, mit der Energetikerinnen und Energetiker arbeiten. Eine Spurensuche.

Von Sigrun Saunderson

Wer energetisch behandelt – oder sich behandeln lässt – geht davon aus, dass der Mensch nicht nur aus einem materiellen Körper, sondern auch aus einem oder mehreren feinstofflichen Körpern besteht: den Energiekörpern, Auren oder bioplasmatischen Feldern. Diese umgeben – so die verschiedensten Methoden – und durchdringen den physischen Körper und interagieren mit ihm. Gibt es Störungen im einen, so verursacht das auch Störungen im anderen. Während Mediziner den physischen Körper und Psychologen den Geist behandeln, so setzen Energetiker im Energiefeld an.

            Doch was spielt sich in diesem Energiefeld ab? Grob gesagt: alles, was sich nicht greifen lässt. So sind zum Beispiel auch Gedanken energetische Prozesse. Entspringen sie negativen Emotionen, so zehren sie an der Lebensfreude, blockieren also den Fluss der Lebensenergie. „Irgendwann bildet sich das auf der Körperebene ab. Aus tiefem Groll entstehen dann zum Beispiel Leber- und Galleprobleme” erklärt Manfred Schiffner, Klangenergetiker und Berufsgruppenbeauftragter der steirischen Energetiker. Umgekehrt fließe die pure Lebenskraft, wenn tiefe Berührung zusammen mit einem unendlichen Glücksgefühl hervorgerufen wird. „Wenn der Energiekörper hochfährt, reagieren wir mit starkem Wohlbefinden, Gänsehaut oder sogar mit Tränen.“

            Dieses berührende Glücksgefühl kann einen bei einer Wanderung in den Bergen genauso treffen wie beim Hören von Musik. „Musik und Klang sind ganz klassische Energiearbeit“, sagt Schiffner. Und jeder, der sich schon einmal Mozarts Klavierkonzert No. 21 hingegeben hat, kann sich das zumindest vorstellen. Die Hingebung ohne den Kopf einzuschalten ist übrigens eine wichtige Voraussetzung, um den Energiefluss überhaupt wahrzunehmen. Dies gelingt oft leichter, wenn jemand die richtigen Knöpfe drückt. Ein Energetiker zum Beispiel.

            Diese „Knöpfe“ liegen für Kinesiologen an bestimmten Stellen des Körpers, der nicht nur handfester Ansatzpunkt der Behandlung ist. Er ist auch Mittel, um den Energiefluss oder seine Blockierung aufzuzeigen. „Der kinesiologische Muskeltest ist sozusagen die Codierung der Energie“, erklärt Christian Dillinger, Vorstand des österreichischen Berufsverbands für Kinesiologie. Durch feine Muskelreaktionen kann der Kinesiologe herausfinden, ob die Probleme eines Klienten auf emotionaler Ebene liegen oder zum Beispiel mit einer Ernährungsumstellung gelöst werden können. Die Berührung einzelner Meridiane kann Energieblockaden lösen und den Menschen wieder ins Gleichgewicht bringen. „Das ist für mich kein Glaubenssystem. Die Lebensenergie ist da und verfügbar“, formuliert Dillinger.

            Auch Reiki-Praktiker arbeiten mit sanften Berührungen, beschränken sich jedoch nicht auf die körpereigene Lebensenergie. „Wenn uns etwas Energie entziehen kann, dann kann man sie logischerweise auch wieder zuführen“, meint die diplomierte Shambhala-Reiki-Therapeutin Barbara Reischl. Im Reiki bedient sie sich der, wie sie es nennt, universellen Energie. „Sie nährt das Leben und ist allumgebend.“ Wo der Klient Energieblockaden hat, will sie diese durch Zufuhr von Lebensenergie ü̈ber die Hände auflösen. Das führt zu tiefer Entspannung, die die Selbstheilungskräfte anregt, aber auch die Psyche in Bewegung bringen kann. „Dazu gehören vor allem Bewusstsein, Konzentration und ein intuitives Spüren und Reflektieren.“ Ihre Arbeit ist eine nach außen hin sehr stille und mit westlichem Vernunftdenken nur noch schwer nachvollziehbar. Reiki-Therapeuten geben dabei nicht ihre eigene Lebensenergie weiter, sondern agieren, wie sie es formulieren, als Kanal, durch den die universelle Energie zum Klienten fließt.


Arbeit mit der Aura der Klienten

Prana-Therapeuten wiederum arbeiten völlig berührungslos nur in der Aura des Klienten. Sie nehmen kranke Energie weg und ersetzen sie durch gesunde Lebensenergie. „Die Basisenergie eines Menschen kann manchmal von Störenergien behindert sein. Sie entstehen durch Verformungen und Blockierungen aufgrund negativer Emotionen, Stress und Umwelteinflüsse“, erklärt Burgi Sedlak, Gründerin der Internationalen Prana-Schule Austria. Prana-Therapeuten versuchen solche Blockierungen zu entfernen – zum Beispiel mit so genannten „energetischen Laserfingern” und unterstützen die Selbstheilungskräfte mit Hilfe von „Lightballs“. Um solche imaginierten Werkzeuge tatsächlich zum Wirken zu bringen, benötigen Prana-Therapeuten genau wie alle Energetiker vor allem die Fähigkeit, sich weich und dennoch klar zu fokussieren und sie brauchen ein hohes Bewusstsein. – Unvorstellbar?

            „Wer Energie mit dem Kopf verstehen will, kann sie nicht erfassen“ meint dazu Klaus Konstantin, Bewusstseinsforscher, Dozent und Leiter am Clarius-Institut für Psychologische und Parapsychologische Forschung in Basel. Er erklärt energetische Vorgänge mit Hilfe der Quantenphysik: „Die Quantenphysik hat bewiesen, dass ich das, was ich mir vorstelle, aus dem Unsichtbaren heraus entstehen lassen kann – wenn ich mit hochkonzentriertem Bewusstsein in ein energetisches Feld gehe. Ein fähiger Energetiker arbeitet also mit sehr hoher Konzentration seines Bewusstseins.“ So lässt sich sogar erklären, wie sich Schmerzen unter dem Einfluss imaginierter Laserfinger tatsächlich auflösen können.

            Doch Wunderheiler sind auch die Energetiker nicht. „Wenn der Patient nicht selbst sein eigenes Bewusstsein entwickelt, besteht keine Chance, von außen irgend etwas zu verändern“, ist Konstantin überzeugt. Konkret bedeutet das, dass der Energetiker zwar Energien zum Fließen bringen und auch neue Lebensenergie zufließen lassen kann. Wenn aber der Klient seine Selbstheilungskräfte durch die selben negativen Muster wieder ausschaltet, kann auch der fokussierteste Energetiker nicht helfen.

 


Die Autorin: Sigrun Saunderson ist freie Journalistin in Breitenbrunn. Sie schreibt bevorzugt zu medizinischen und populärwissenschaftlichen Themen – unter anderem für das Universum Magazin und die Wiener Zeitung.

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