Das Feuer richtig nähren

Illustration: giz/Fotolia.de
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Ernährung ist ein Schlüssel, wenn es darum geht aus einer Burnout-Falle herauszukommen. Der Grund dafür: Nicht selten ist die falsche oder mangelhafte Ernährung der Auslöser für eine Krise. 

Von Martin Schriebl-Rümmele

Anita Frauwallner ist überzeugt: der Weg aus dem Burnout führt über den Darm. Die Vorsitzende der Österreichischen Gesellschaft für probiotische Medizin und Geschäftsführerin des Grazer Instituts Allergosan untermauert ihre Überzeugung mit Untersuchungen, die belegen, dass Depressionen oder ein Burnout „immer dann entstehen, wenn es Entzündungen im Darm gibt.“ Es gebe im Gehirn und dem Darm dieselben Neuronen und Substanzen. Würden im Darm bei Bakterien Membranproteine aufgelöst, führe das zu Entzündungen. „Die Bakterien melden ans Hirn, dass etwas nicht in Ordnung ist und das löst wiederum psychische Reaktionen aus. Das kann Müdigkeit sein, aber auch eine Depression oder gar ein Burnout.“

 

Darmentzündungen stressen das Gehirn

Auslöser für die Entzündungen kann Stress sein, aber auch falsche Ernährung. Frauwallner: „Farbstoffe in Lebensmitteln, Pestizide, Emulgatoren oder Konservierungsstoffe schädigen die Bakterien im Darm. Konservierungsmittel in Lebensmitteln sollen ja das Wachstum von Bakterien generell verhindern. Sie unterscheiden aber nicht zwischen guten und schlechten Bakterien.“

 

Der Weg zurück führe deshalb über den Darm. „Wir müssen entzündungshemmende Zytokine produzieren, das können aber nur Darmbakterien“, weiß die Expertin. Zytokine sind Proteine, die das Wachstum und die Differenzierung von Zellen regulieren. Einige Zytokine werden als Wachstumsfaktoren bezeichnet, andere spielen eine wichtige Rolle für immunologische Reaktionen und können dann als Mediatoren bezeichnet werden. Bestimmte Nahrungsbestandteile, aber auch Nahrungsergänzungsmittel, wie etwa Probiotika, tragen zur Stärkung der Darmflora bei.

 

Ebenfalls Nahrungsergänzungsmittel empfiehlt Lebensweise-Fachbeirat und Ökopharm-Geschäftsführer Norbert Fuchs. „Wir wissen aus neuen Forschungen, dass oxidativer Stress - also ein Übermass an freien Sauerstoff-Radikalen - dazu führt, dass die Zellen quasi eine Ladehemmung haben. Das bedeutet, dass die Zelle das Energieangebot nicht umsetzen kann.“ Einfacher formuliert: Jede Zelle hat zur Energiegewinnung eigene „Kraftwerke“, die Mitochondrien. Nehmen diese zu wenig Energie aus der Nahrung auf, bringt es wenig, zusätzlich Nahrung zuzuführen. Fuchs: „Es braucht kein zusätzliches Brennholz, sondern Zündhilfen.“ Im Fall eines Burnout mache es deshalb Sinn, ärzlich austesten zu lassen, welche Nahrungsmittel dafür die richtigen sind. In jedem Fall empfehlen aber Fuchs und der deutsche Internist Bodo Kuklinsiki kohlenhydratarme Kost.

 

Ähnlich argumentieren übrigens auch TCM-Mediziner. In der chinesischen Medizin wird das Burnout-Syndrom als Störung von Herz und Leber sowie letztlich als eine Erschöpfung der Nieren-Energie betrachtet. So beobachtet man im Anfangsstadium des Burnout-Syndroms Magen-Darmprobleme, wie zum Beispiel Verstopfung oder Magenschmerzen, aber auch Atembeschwerden wie Luftnot. Es kann auch zu Herz-Kreislaufproblemen kommen, zu Bluthochdruck, Herzrasen oder Herzklopfen. Burnout-Patienten klagen zudem über Verspannungen und Schmerzzustände (Rücken- und Kopfschmerzen bis hin zur Migräne). Es kann zu Schlaf- und Essstörungen ebenso kommen wie zu Ohrenproblemen (Tinnitus, Hörsturz). Auch Schwindel und Augenprobleme werden beobachtet. Dies alles sind Probleme, die in der TCM der Leber zugeordnet werden.

 

Aufgabe der Leber in der chinesischen Medizin ist es, für den freien Fluß der Lebensenergie „Qi“ zu sorgen: Anspannung - wenn nötig. Aber auch Entspannung zur Regenerierung. Wenn dieses Gleichgewicht auf Dauer nicht hergestellt werden kann, kommt es zur Verausgabung der Reserven, und aus Sicht der TCM zu einer Erschöpfung der Nieren-Energie. Wird die Ernährung umgestellt, muss auf eine Energiezufuhr geachtet werden, die ohne großen Aufwand vom Organismus nutzbar gemacht werden kann. TCM-Experten empfehlen deshalb regelmäßige leichte Kost. Dabei soll Abends am wenigsten gegessen werden. Gut verdaulich, also keine Rohkost, sondern gekochtes Gemüse und mäßig Fleisch. Scharfes Essen, gegrillte Speisen, Alkohol und Fertigprodukte sollten vom Speiseplan gestrichen werden.

 

Manchmal muss man ergänzen

Gibt es allerdings ein massives Defizit an Nährstoffen, ist das nach Ansicht von Fuchs nicht mehr durch normale Nahrungsmittel auszugleichen. Als Beispiel bringt er das Thema Magnesium. Magnesium hat zahlreiche Funktionen im menschlichen Körper. Es hat Einfluss auf die Reizübertragung vom Nerven auf den Muskel, auf die Freisetzung von Adrenalin und die Knochenmineralisation. Außerdem ist es für die Aktivierung von über 300 Enzymen im Stoffwechsel verantwortlich. Etwa 50 bis 60 Prozent des Magnesiums im Körper ist in den Knochen gebunden, der Rest findet sich in verschiedenen Organen und Geweben. Nur rund ein Prozent der Gesamtmenge ist im Blut gelöst. „Wird dem Körper zu wenig Magnesium zugeführt, so holt er es sich aus seinen Reserven, solange der Vorrat reicht. Der gemessene Magnesiumgehalt im Blut bildet die tatsächliche Situation also nur bedingt ab“, warnt Fuchs.

 

Seine Rechung: „Etwa 24 Gramm Magnesium haben wir im Körper. Etwa 375 Milligram benötigt unser Körper pro Tag, muss also zugeführt werden.“ Habe sich ein Defizit herausgebildet und sei der Körper bereits an seine „Spareinlagen“ gegangen, müsse man Magnesium verstärkt zuführen. „Es reichen also die 375 Milligramm nicht mehr. Will man diese Menge aber durch normale Lebensmittel zuführen, muss so viel gegessen werden, dass an anderer Stelle wieder ein Defizit auftreten kann“, erklärt der Experte.

 

Er kritisiert zudem die Nahrungsmittelindustrie scharf. Meist würden für die industrielle Herstellung von Nahrungsmitteln Lebensmittel komplett in ihre Inhaltsstoffe zerlegt und dann verarbeitet. „Nährstoffe, Vitamine und andere wichtige Stoffe sind dann nicht mehr vorhanden und müssen künstlich zugeführt werden.“ Im Grunde sei das heute oft nur noch „abgepackter Sondermüll“. Was besonders fatal sei, weil die Menschen aufgrund der gestiegenen Belastungen eigentlich mehr Nährstoffe benötigen würden.

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