Einfach süß

Foto: PhotoXpress.com
Foto: PhotoXpress.com

 

Jahrtausende lang war das Fundament der Ernährung aller sesshaften Kulturen durch den Anbau komplexer Kohlenhydratträger gegeben. Wie in allen Industrienationen ist auch in Österreich die Bedeutung dieser Mehrfachzucker zugunsten einfacher, raffinierter Zuckerarten verloren gegangen.

Von Axel Dinse

Der Verdauungsapparat des Menschen ist darauf angelegt, komplexe Kohlenhydrate zu Einfachzucker abzubauen. Dieser Abbau geht langsam vor sich, sodass die freiwerdende Energie effizient genützt werden kann. Die Folge ist ein stabiler Blutzuckerspiegel, eine der Grundvoraussetzungen für geregelte Stoffwechselabläufe und eine stabile Gemütsverfassung. Einfache Kohlenhydrate sind durch einen hohen „glykämischen Index“ charakterisiert, das heißt: Sie gelangen rasch ins Blut und erhöhen den Blutzuckerspiegel. Dieses Überangebot an Energie kann nicht unmittelbar genützt werden, was bei manchen Kindern beispielsweise durch Hyperaktivität deutlich wird. Folge dieses erhöhten Blutzuckerspiegels ist die Ausschüttung des Bauchspeicheldrüsenhormons Insulin, wodurch der Blutzuckerspiegel sinkt. Ein Suchtmechanismus setzt ein - der erneute Griff zu Zucker hebt wieder die Stimmung und vermittelt ein vorübergehendes Hochgefühl. Daraus resultiert neben vielen anderen negativen Auswirkungen einerseits eine Überbeanspruchung der Bauchspeicheldrüse, andererseits ein emotionales beziehungsweise psychisches Ungleichgewicht.

Im Zusammenhang mit den negativen Wirkungen des raffinierten Zuckers sollte im Hinblick auf die Gesunderhaltung des Organismus von einem übermäßigen Zuckerkonsum abgeraten werden. Eine Alternative stellen die im Folgenden dargestellten Süßmittel dar. Die Vorteile dieser Süßmittel liegen darin, dass sie weniger konzentriert sind, wenigstens Spuren an wertgebenden Inhaltsstoffen enthalten und dadurch neutraler wirken, sprich, moderater verstoffwechselt werden. Sie unterstützen den Prozess, die erlernte Geschmacksschwelle für süß herabzusetzen. Als gesund sind aber auch alternative Süßmittel nicht zu bezeichnen, daher sollte man bei ihrer Verwendung recht sparsam sein und generell ein wenig weniger süß essen.

 

Natürliche Süßstoffe sind etwa Süßholzpulver und vor allem Stevia (siehe übernächste Seite). Beide sind interessante Süßmittel, insbesondere Stevia oder Zuckerblatt, da es keinen Zucker in Form von Trauben- oder Fruchtzucker enthält. Das süße Geheimnis der Stevia-Pflanze liegt in einem Molekül namens Steviosid. In Japan hat sich das Zuckerblatt in flüssiger und pulverisierter Form längst durchgesetzt. Umfangreiche Studien haben die gesundheitliche Unbedenklichkeit bewiesen. EU-weit ist Stevia bisher nur ein Insidertipp unter Gesundheitsbewussten geblieben, da die vorliegenden Untersuchungen bezüglich körperlicher Auswirkungen noch nicht abgeschlossen sind. Auch unter Ernährungsexperten ist die Pflanze umstritten, dabei ist die Liste der positiven Wirkungen sehr lang: karieshemmend, wirkt gegen Pilzbefall, Übergewicht und Hauterkrankungen, ist besonders für Diabetiker geeignet.

 

Natürlich süßes Getreide, Gemüse und Obst:

Häufiger Genuss vermindert die Lust auf Süßes. Durch langes Kochen oder Backen kann der Süßgeschmack erhöht werden. Natürlich süß schmecken Wurzel- und Fruchtgemüse sowie Hirse, Süßreis, Dinkel und Polenta.

 

Trockenfrüchte schmecken süßer als Obst, da sie einen geringeren Wassergehalt haben und insgesamt eine höhere Konzentration an Mineralstoffen aufweisen. Trockenfrüchte sind etwa als Snack oder in pürierter Form zum Süßen von Gebäck oder Torten geeignet.

 

Getreidemalz: Zur Herstellung von Malz wird ganzes, gekochtes und gekeimtes Getreide unter Vakuum eingedickt; während dieses Vorgangs werden komplexe Kohlenhydrate in Maltose aufgespalten und die zur Verstoffwechselung wichtigen B-Vitamine gebildet. Es entsteht ein Süßmittel mit unaufdringlichem Geschmack und honigähnlicher Konsistenz. Im Naturkosthandel werden Gersten-, Reis-, Mais- und Weizenmalz angeboten; Gerstenmalz hat den intensivsten Geschmack, alle anderen Malzsorten schmecken relativ neutral.

 

Amasake ist ein traditionelles Süßmittel aus Japan und wird aus gekochtem Vollkornreis hergestellt, dem man mit speziellen Bakterienkulturen versetztes Getreide, Koji genannt, beifügt. Amasake eignet sich sehr gut zum Herstellen von cremigen Nachspeisen, Pudding und Torten.

 

Ahornsirup hat einen starken Eigengeschmack und ist dadurch für spezielle Gerichte, aber nicht als universales Süßungsmittel geeignet. Ahornsirup wird hauptsächlich in Kanada aus den Rinden des Zuckerahornbaumes gewonnen. Der Saft wird dann durch Erhitzen eingedickt.

 

Agavendicksaft wird aus der Agave durch Pressung, Reinigung, Filtrierung und Eindickung gewonnen. Als Kulturpflanze ist die Agave im Mittelmeerraum, in tropischen und subtropischen Ländern anzutreffen. Im Herz der Pflanze konzentriert sich der Zuckergehalt. Die Vorzüge des Agavendicksaftes sind die milde Süßkraft, der neutrale Geschmack und die helle Farbe.

 

Andere Fruchtdicksäfte: Apfel-, Birnen- und Traubendicksaft sind ebenfalls zum Süßen verschiedener Gerichte geeignet. Allerdings muss deren leicht säuerlicher und doch starker Eigengeschmack berücksichtigt werden.

 

Zuckerrübensirup ist der eingedickte Saft aus gekochten Zuckerrüben. Die Rüben werden weich gekocht und geschnetzelt, anschließend gepresst und filtriert. Dann dickt man den Saft durch weiteres Kochen ein. Er enthält je nach Qualität zwischen 40 und 60 Prozent Zucker, bei schonender Verarbeitung bleiben neben Mineralstoffen auch B-Vitamine erhalten. Zuckerrübensirup hat eine dunkle Farbe und einen starken Eigengeschmack, was ihn nicht unbedingt zu einem Allrounder in der Küche macht.

  

Honig wurde aufgrund des Gehaltes an Mineralstoffen, Vitaminen und Enzymen in vielen Kulturen als Heilmittel verwendet. Wegen der antibakteriellen Wirkung wurde er bei Erkältungskrankheiten und zur Wundheilung eingesetzt. Honig sollte auch heutzutage als Heilmittel und durch den hohen Gehalt an Einfachzuckern nicht zum täglichen Verzehr empfohlen werden. Qualitätskriterien sind die Bezeichnung „kaltgeschleudert“, da beim Erwärmen über 40° wertvolle Inhaltsstoffe zerstört werden, sowie die biologische Herkunft des Honigs. Durch die Kontrollstellen der Bioverbände ist eine strenge Überprüfung der Produkte gewährleistet.

 

Rohrzucker ist nicht gleich brauner Zucker

 

Vollrohrzucker, Rohrohrzucker: Im Fall des Rohrohrzuckers wird nach der Pressung der Zuckerrohrsaft zu Zuckersirup eingedickt und anschließend auskristallisiert. Die Melasse des Zuckerrohrs wird weitgehend vom Zucker abgetrennt, wodurch er seine helle Farbe erhält. Vollrohrzucker ist der getrocknete, natürliche Saft des Zuckerrohrs. Er wird durch ein besonders schonendes Vakuum-Verfahren bei niedrigen Temperaturen gewonnen und ohne chemisch-physikalische Raffination hergestellt. Das Zuckerrohr wird gepresst, eingedickt, getrocknet und gemahlen. Beide Zuckerarten haben unter den alternativen Süßmitteln den höchsten Zuckergehalt; sie bestehen zu fast 95 Prozent aus Zucker, der Rest sind kleine Mengen an Mineralstoffen und Vitaminen.

 

Brauner Zucker ist raffinierter weißer Zucker, der mit Melasse - ein Nebenprodukt der Zuckerherstellung - gefärbt wurde. Der Verzehr sollte stark reduziert werden. Achtung: Rohrzucker ist kein brauner Zucker.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0