Gedanken zum Thema Meditation

Florian Ploberger ist Arzt (westliche, chinesische u. tibetische Medizin) und Gelehrter. Neben der Herausgabe von Studienliteratur (u.a. „Das große Buch der westlichen Kräuter aus Sicht der TCM”) arbeitet er an der Übersetzung des tibetischen Grundlagentextes der Medizin rgyud bzhi, ein Text aus dem 12. Jahrhundert. Für die lebensweise hat er einen Fachkommentar zum Thema Meditation verfasst.

Was ich in Dharamsala während der vergangenen Jahre über Meditation gelernt habe, läuft im Endeffekt darauf hinaus, dass es nicht die eine Form der Meditation gibt, die man unreflektiert allen Menschen empfehlen könnte. Im Idealfall wird die Methode der Meditation an den jeweiligen Menschen angepasst. Immer gilt, dass der Zweck der Meditation Erkenntnis ist. Das Erkennen der absoluten Wahrheit. Dies ist vergleichbar mit der Vorgangsweise eines Arztes, der eine Anamnese erheben muss, um zu einer Diagnose zu kommen, bevor er Verhaltensweisen empfiehlt, Ernährungstipps gibt und spezielle Medikamente verschreibt.

 

In der tibetischen Tradition wird davon ausgegangen, dass alle Handlungen, die wir setzen, auf drei Ebenen passieren: auf der Ebene des Körpers, der Rede und des Geistes. Daraus resultierend sollte eine Meditation diese drei Ebenen beinhalten. Was die individuelle Meditation betrifft, so gibt es für derzeit etwa sieben Milliarden Menschen auch sieben Milliarden optimale Meditationsmethoden. Interessanterweise ist es so, dass man in der tibetischen Kultur, bevor man von seinem Lehrer die Erlaubnis bekommt, wirklich zu meditieren, die so genannten vorbereitenden Übungen praktizieren sollte. Diese beinhalten wiederum die drei Ebenen des Körpers, der Rede und des Geistes.

 

Für den Körper wird empfohlen, Niederwerfungen durchzuführen, um die feinen Kanäle des Köpers zu klären. Auf der Ebene der Rede werden diverse Mantras sowie Wunschgebete für andere Lebewesen gesprochen. Abschließend wird für die Ebene des Geistes geraten, sich Gedanken zu machen, etwa über die Vergänglichkeit, das Prinzip von Ursache und Wirkung oder das Glück, einen menschlichen Körper zu besitzen. Wenn das nicht so geschieht, kann es sein, dass man möglicherweise, getrieben von einer „nicht ganz reinen“ Motivation, versucht, seinen Geist zur Ruhe zu zwingen. Mit dem Ergebnis, dass das Gegenteil eintritt und entsprechende Menschen nur unruhiger werden.

 

Wie der Dalai Lama immer wieder betont, ist die Zeit zwischen den Meditationen von entscheidender Bedeutung: Wie verhalte ich mich korrekt gegenüber anderen Menschen und wie gehe ich mit mir selber um? Speziell für geistig aktive Menschen sei die so genannte zhi gnas oder samatha- Meditation (das ruhige Verweilen) nicht empfehlenswert, da es ihnen leichter fällt, sich durch aktive Handlung zu entspannen, meint der Dalai Lama. Vorschläge dazu sind ein Lied zu singen, dem Nachbarn einen Kuchen backen, eine Kirche renovieren oder Rad fahren.

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