Licht im Dunkel der Angebote - ein Leitfaden

Expertinnen und Experten verschiedener ganzheitsmedizinischer Bereiche unterstützen als Fachbeirat die lebensweise-Redaktion. Die Kultur- und Sozialanthropologin Michaela Noseck-Licul hat einen Leitfaden verfasst, wie sich Interessentinnen und Interessenten von ganzheitlichen und komplementären Methoden orientieren können und wie sie die Qualität angebotener Leistungen beurteilen können.

Komplementäre Heilmethoden werden oft abseits der reglementierten Gesundheitsberufe angeboten. Das Fehlen von Reglementierungen erlaubt es, dass sie individuellen Bedürfnissen angepasst werden können und Qualitäten wie Nähe, Zuwendung und Sinngebung aufweisen, die im hektischen medizinischen Alltag meist zu kurz kommen. Diese Freiheit hat jedoch auch ihre Schattenseiten, denn Heiler können ihren Klienten auch schaden – sei es aus ökonomischen Gründen oder aus fehlender Reflexion, zu kurzer oder schlechter Ausbildung, mangelnder Erfahrung und Selbstüberschätzung.

Das riesige Angebot mit einer Vielzahl von Anwendern ist schwer auf seine Qualität einzuschätzen. Damit Hilfe suchende Menschen nicht an unseriöse Anbieter gelangen, sollten sie sich bei der ersten Anwendung folgende Fragen stellen:

 

• Wird der Ablauf der Anwendung erklärt, sodass ich weiß, was auf mich zukommt?

• Darf ich Fragen stellen? Wird auf mich eingegangen?

• Werde ich über Gefahren oder Gegenindikationen aufgeklärt?

• Wird mein Problem vertraulich behandelt?

• Darf ich Kritik üben?

• Ist etwas für mich widersprüchlich oder unangenehm?

• Werde ich zu etwas überredet oder gedrängt?

• Erhalte ich Auskunft über die Ausbildung des Heilers?

 

Die Beantwortung dieser Fragen gibt Hinweise darauf, ob der Anwender oder die Anwenderin die Entscheidungsfreiheit und Integrität des Gegenübers achtet und sorgsam und respektvoll mit ihm umgeht.

Je nach Art der Anwendung können weitere Punkte wichtig sein. So schließen viele komplementäre Heilmethoden spirituelle Aspekte ein, die komplexe Prozesse einleiten können. Ein grundsätzliches Qualitätskriterium ist hier, ob man sich aufgrund der angebotenen Erklärungen sicher und gestärkt fühlt oder mit einem Gefühl der Angst oder der Unzulänglichkeit aus der Anwendung geht. Drehen sich die Aussagen eines Anwenders um Schuld oder Bestrafung und bleibt ein Gefühl des Schlecht-Seins oder Unwürdig-Seins zurück, so sollte man Abstand nehmen.

Auch veränderte Wachbewusstseinszustände – sei es in Form tiefer Versenkung bei einer Meditation oder als Trance in einem schamanischen Ritual – spielen eine Rolle bei komplementären und traditionellen Heilmethoden. Auch hier gibt es einiges zu bedenken: Klienten sollten, speziell wenn sie in diesen Dingen noch unerfahren sind, lieber kleinere Gruppen wählen und dabei darauf achten, ob sie ausreichend auf das zu erwartende Erlebnis vorbereitet werden, ob ihre Fragen, Zweifel und Bedenken ernst genommen und adäquat beantwortet werden und ob ihnen das Gefühl gegeben wird, sich bei Schwierigkeiten im Nachhinein melden zu dürfen.

Aus bisherigen Beobachtungen ergeben sich außerdem folgende Merkmale, auf die man achten sollte:

 

• Es sollen keine Verträge zwischen Anwendern und Klienten abgeschlossen werden, ein Ausstieg muss jederzeit möglich sein.

• Die Preise müssen nachvollziehbar sein und vorher offengelegt werden.

• Klienten müssen erkennen können, was sie wofür bezahlen, die Verrechnung von Zusätzen muss vorher klar sein.

(Michaela Noseck-Licul, Dokumentationszentrums für traditionelle und komplementäre Heilmethoden in Österreich)

 

 

 

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