Zu Gast in einer wohltuenden Stille

In Klöstern herrscht ein Friede, der zunehmend von Menschen gesucht wird, denen die Welt zu laut, zu stressig ist. Pater Christian Gimbel, Leiter des Exerzitienhauses St. Altmann in Stift Göttweig, durchlebt mit diesen Menschen Exerzitien. Was diese bewirken, verriet er Felicitas Freise.

 

lebensweise: Wer sind die Besucher Ihrer Kurse?

Pater Christian Gimbel: Häufig kommen Menschen, die vor Scheidungen oder Entscheidungen stehen, auch viele junge Menschen, die sich hier ein paar Tage Auszeit nehmen, über ihr Leben nachdenken wollen und geistliche Begleitung möchten. Als wir vor 25 Jahren begonnen haben, Kurse und Exerzitien für Laien anzubieten, kamen vor allem kirchentreue Christen, mittlerweile kommen immer mehr Menschen, die kirchenfern oder aus der Kirche ausgetreten sind oder auch einer anderen Religion angehören. Wir verurteilen niemanden, stecken keinen in eine Schublade, uns ist jeder Gast willkommen. Hier kann sich jeder Mensch frei von seinen Einschränkungen des Alltags entfalten und bewegen. Die Klostermauern geben ihm innere Freiheit und Schutz für die Seele.

 

lebensweise: Was bieten Sie diesen Menschen, die zu Ihnen ins Kloster kommen?

Gimbel: Der Schwerpunkt liegt bei uns auf Schweigeexerzitien, einzeln oder in der Gruppe von 15 bis 20 Personen. Dabei ziehen sich die Teilnehmer vier bis fünf Tage ins Kloster zurück und schweigen gemeinsam. Das Besondere ist die integrierte Teilnahme am Chorgebet der Mönche dreimal am Tag. Jeden Tag gibt es auch ein Gespräch mit einem Geistlichen, bei dem die persönlichen Sorgen besprochen werden können. Etwas Spezielles sind die kontemplativen Exerzitien, bei denen die Teilnehmer eine Bibelstelle erhalten, die auf ihre momentane Lebenssituation oder ihre persönlichen Lebensfragen zugeschnitten ist und über die sie meditieren und mit ihrem Exerzitienmeister sprechen können.

 

lebensweise: Welche Erwartungen haben die Menschen, die zu Ihnen ins Kloster kommen?

Gimbel: Sie möchten Ruhe finden und entspannen, aber auch Gott suchen, ihm begegnen und – wieder – beten lernen. Viele Kursteilnehmer sagen, dass sie sich bereits freier und lockerer fühlen, wenn sie an der Rezeption einchecken. Der Göttweiger Berg hat eine ganz starke Kraft, denn hier wird seit langen Zeiten gebetet und seit eintausend Jahren davon katholisch. Manche Menschen kommen auch einfach nur herauf und gehen einmal um das Kloster, weil sie diese Kraft spüren.

 

lebensweise: Wie wirkt der Kloster-Aufenthalt auf die Menschen?

Gimbel: Ich sehe immer wieder, dass Menschen gestresst ankommen, mit müden, traurigen Gesichtern, und es ist ganz wunderbar zu beobachten, wie sich im Laufe der Tage ihre Gesichtszüge und auch ihre Bewegungen lösen, und am Ende sind da eine ganz große Freude und Humor. Die Menschen kommen während ihres Besuchs mit ihrem innersten Wesen, ihrem unverletzten Kern, mit Gott in Berührung. Und es ist so faszinierend, wie viel dadurch mit den Menschen passiert, wo man doch als Kursleiter so wenig dazu beiträgt.

 

lebensweise: Was können die Menschen von ihren Tagen im Kloster mitnehmen?

Gimbel: Neue Erkenntnisse über sich selbst, die spürbare Berührung mit Gott und eine neue Freiheit. Ich vergleiche das Kloster oft mit einer Art Klär-Anlage im doppelten Sinn. Es schenkt einem Klärung und zugleich kann man seinen Ballast hier lassen.

 

 


Zur Person: Pater Mag. Christian Gimbel ist Leiter des Exerzitienhauses St. Altmann im österreichischen Benediktiner-Stift Göttweig. Der 1964 geborene Theologe ist auch Pfarrer in Gansbach. Seine Kurse und Exerzitien bietet er im Stift für Einzelpersonen ebenso wie für Gruppen an.

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