Kein Allheilmittel

 

„Hormonyoga kann, muss aber nicht wirken“, sagt Ruth Blattner. Die zertifizierte Hormonyogalehrerin spricht über mögliche Effekte dieser speziellen Technik und äußert den Wunsch nach einer breiter angelegten Studie.

 

lebensweise: Hormonyoga ist nicht unumstritten.

Ruth Blattner: Ich weiß, und ich habe mich auch mit den Argumenten der Skeptiker auseinandergesetzt. Es stimmt, dass jedes Hormonsystem so individuell wie ein Fingerabdruck ist. Dementsprechend individuell reagiert dieses sensible System auch auf innere und äußere Einflüsse. Anders gesagt: Hormonyoga ist kein Allheilmittel. Es kann, muss aber nicht wirken. Meiner Meinung nach ist es aber in jedem Fall eine tolle Praxis. Ob die Hormonelle Yogatherapie hilft oder nicht, muss jede Frau für sich selbst entscheiden. Es hängt aber sicher auch davon ab, wie eine Frau den Wechsel erlebt. Es gibt ja die Drittelregel: Ein Drittel der Frauen spürt gar nichts. Ein Drittel hat hin und wieder klassische Wechseljahrbeschwerden. Und dann gibt es noch jene Frauen – das letzte Drittel – die massive Probleme haben und die Wechseljahre als überaus negativ empfinden. Außerdem müssen Frauen ihre, aber auch die allgemeinen Grenzen des Hormonyoga kennen.

 

lebensweise: Wie meinen Sie das?

Blattner: Die Hormonyogapraxis beinhaltet zum Teil Übungen, die für vorbelastete oder geschädigte Gelenke wenig geeignet sind. Es ist daher wichtig, dass diese Übungen fachgerecht angepasst werden. Im Weiteren weist Dinah Rodrigues immer darauf hin, dass Hormonyoga den Östrogenspiegel erhöhen kann und deshalb bei östrogenabhängigen Krankheiten nicht praktiziert werden darf. Ebenso nach schweren Operationen oder bei akuten Entzündungen.

 

lebensweise: Dinah Rodrigues ist sehr strikt, was ihr Übungsprogramm anbelangt.

Blattner: Und dabei muss ich sie auch unterstützen. Vor allem sollte Hormonyoga nicht mit normalem Yoga vermischt werden. Der Hintergrund ist eigentlich klar: Dinah hat ein Programm erarbeitet, für das sie mit ihrem Namen steht. Sie weiß, dass das Programm so funktioniert, wie sie es entwickelt hat. Weicht man von der klassischen Linie ab, kann es sein, dass Hormonyoga auch keine Wirkung hat. Und dann wird sie für etwas kritisiert, für das sie nichts kann.

 

lebensweise: Sie selbst haben auch eine Studie durchgeführt.

Blattner: Ja, zusammen mit dem Endodkrinologen Rolf-Dieter Hesch. Es handelte sich um eine kleine, stichprobenartige Studie, die dadurch sicherlich wissenschaftliche Unzulänglichkeiten aufweist. Allerdings ergaben sich fundierte Hinweise auf die positiven Auswirkungen des Hormonyogas auf das weibliche Hormonsystem.

 

lebensweise: Bei manchen zeigten sich aber keine Verbesserungen.

Blattner: Und genau aus diesem Grund sind Professor Hesch und ich der Meinung, dass es sich lohnen würde, eine breiter angelegte Studie mit Vergleichsgruppen durchzuführen, zum Beispiel mit klassischem Hatha-Yoga, Phytotherapie und einer Referenzgruppe ohne Therapie.

 

lebensweise: Und woran scheitert es?

Blattner: Wie so oft am Finanziellen. Es ist leider so: Eine Studie ohne wirtschaftliches Interesse ist schwierig zu finanzieren.

 

lebensweise: Bemerken Sie Frustration bei jenen Frauen, bei denen Hormonyoga nicht wirkt?

Blattner: Eher selten. Hormonyoga kann ja auch ganz andere Effekte haben. Manchen reicht es, dass sie beweglicher, gelenkiger werden, und dadurch ganz anders im Leben stehen. Manche genießen aber auch einfach die regelmäßige Praxis und insbesondere die Zeitinseln, die ihnen die Übungsreihe „verordnet“. Wir leben in einer sehr hektischen Zeit. Stress ist Gift für die Sexualhormone. Schüttet der Körper Stresshormone aus, senkt sich der Östrogenspiegel. Daher ist es auch sehr wichtig, dass Hormonyoga im Zusammenhang mit der eigenen Lebensweise gesehen wird, dass man ein Bewusstsein für den eigenen Körper und dessen Funktionsweise entwickelt. Und dann erübrigt sich auch die Frage nach der Wirkung. Denn ob der Mensch durch Hatha-Yoga oder Hormonyoga, durch Meditation, Klettern oder durch eine andere Methode in seinem Sein und Handeln glücklicher und verantwortungsvoller wird, ist eigentlich einerlei.            

 

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